In der Nacht zum 12.04.2020 wurde der Löschzug Höxter zu einer überörtlichen Hilfe gerufen. Es brannte in einem Entsorgungsunternehmen in Schwalenberg. Bereits auf der Anfahrt, so erzählten viele Kameraden, war bereits ein großer Feuerschein über den Schwalenberger Himmel zu erkennen. Der Löschzug Höxter unter der Einsatzleitung von Rainer Pook (Feuerwehr Schieder-Schwalenberg) unterstützte durch Atemschutzgeräteträger, die Wasserförderung mit einer Pumpe und übernahm den Pendelverkehr mit dem TLF 8/18 zum Wassertransport.
Einsatzfotos am Ende: FFw Schieder Schwalenberg
Presseartikel:
Inferno in Schwalenberg
Entsorgungsfirma brennt vollkommen aus – Großeinsatz aller verfügbaren Wehren
VON MARIANNE SCHWARZER. Schieder-Schwalenberg. Mehrere Millionen Sachschaden und diverse Umweltschäden – der Brand eines Schwalenberger Entsorgungsbetriebes hat die ostwestfälischen Wehren in der Nacht zu Montag in Atem gehalten.
Als die Sirenen kurz vor Mitternacht alle verfügbaren Feuerwehrkräfte Lippes nach Schwalenberg rufen, färbt der Widerschein des Feuers den Himmel über der Julius-Müller-Straße bereits glutrot. „Wir haben den Schein schon von Nessenberg aus gesehen“, wird einer der Wöbbeler Blauröcke am Morgen danach erzählen.
Passanten haben das Feuer entdeckt und Hilfe gerufen, doch die kommt zu spät und kann den Betrieb nicht mehr retten. Als sie eintrifft, wälzt sich ihr ein brennender Schlammstrom entgegen: „Die ganze Straße hat gebrannt“, erzählt Feuerwehrpressesprecher Jens Bulmahn später. Er hat das Ganze mit seiner Kamera festgehalten und ist auch mit auf die Drehleiter gestiegen, die sich dem brennenden Inferno vorsichtig genähert hat. Daraus entsteht zunächst ein Missverständnis, das die Retter in dieser Nacht stundenlang in Atem hält. Denn auf einem der Fotos in Bulmahns Digitalkamera glaubt einer der Mitarbeiter von NordiTube zu erkennen, dass es sein Unternehmen getroffen hat. Dort arbeitet auch eine zweiköpfige Nachtschicht. Es wird in dieser Nacht lange dauern, bis klar ist, dass die Männer wohlauf sind: Betroffen ist eben doch OWL Entsorgung.
Dichte Rauchwolken wälzen sich derweil Richtung B 239, und ein durchdringender Geruch nach Lösungsmittel und verschmortem Kunststoff hängt in der Luft, kriecht in die Lungen und legt sich auf die Bronchien. Bereits jetzt fällt das Atmen schwer, „man kann es ja sogar schmecken“, sagt Joachim Hartfelder, Führer der Blomberger Wehr.
In sicherer Entfernung, auf dem Parkplatz an der Einmündung zur Julius-Müller-Straße, sammeln sich die Einheiten. Trotz schweren Atemschutzgerätes trauen sich die Feuerwehrleute zunächst nicht näher als 60 Meter an den Brandherd heran: Immer wieder knallt es bedenklich, und zu diesem Zeitpunkt weiß keiner so genau, mit welchen gefährlichen Stoffen sie es eigentlich zu tun haben. Und wie viel Gift pumpt jeder Atemzug im Umfeld des Brandes in die Lunge? Wird die ganze Bude in die Luft fliegen? – Das mulmige Gefühl spiegelt sich in den Gesichtern wieder. Joachim Hartfelder verteilt Messgeräte an seine Jungs vom Atemschutztrupp: „Versucht mal, in der Nähe Proben zu nehmen“, weist er sie ein.
Hartfelder ist Teil der Troika, die den ruhenden Pol in dieser hektischen Nacht bildet: Rainer Pook hat die Einsatzleitung übernommen, aber er stimmt sich immer wieder mit Kreisbrandmeister Karl-Heinz Brakemeier und Hartfelder ab. Im Hintergrund warten Bürgermeister Gert Klaus und Jürgen Benning vom Kreisumweltamt, um sich mit der Feuerwehrspitze zu beraten. Wohin mit dem kontaminierten Löschwasser? „Wir haben in Lothe eine stillgelegte Kläranlage, dort könnten wir es zwischenlagern“, so der Bürgermeister.
Das Untersorgungsunternehmen Wienkemeier aus Eschenbruch kommt der Feuerwehr zur Hilfe: „Aber das ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, warnt Firmenchef Wolfgang Wienkemeier. Dennoch geben er und seine Mitarbeiter ihr Bestes: Die ganze Nacht hindurch befördern sie das Zeug aus der Kanalisation in die drei Saugdrucktankwagen mit Anhängern, um sie in Pufferbecken nach Lothe und in Schieder zu karren. Mit Schläuchen versucht die Feuerwehr, den Vormarsch der klebrig-zähen Masse aufzuhalten – dass sie dennoch im Bach jenseits der B 239 landet, wird auch sie nicht verhindern können. Doch das wird erst bei Tageslicht sichtbar werden.
Vorerst drängen sich entlang der Hauptstraße die Schaulustigen, bis es der Polizei zu bunt wird. Denn sie bewegen sich ähnlich zäh wie der Schlamm: „Ich habe keine Lust, das die ganze Nacht zu wiederholen: Bitte gehen Sie nach hause“, tönt es schließlich energisch aus dem Lautsprecher des Streifenwagens. Das hilft.
Derweil haben sich die Einsatzkräfte formiert, auch die Helfer aus den weit entfernten Feuerwehrstandorten wie Leopoldshöhe fügen sich nahtlos ein in die Streitmacht gegen den Großbrand. 300 Männer und Frauen stehen Gewehr bei Fuß, unzählige Tankwagen überbrücken den Wasserengpass, der entsteht, bis die B-Leitung steht.
Die Feuerwehr kämpft sich durch den schier undurchdringlichen Qualm, doch es wird noch Stunden brauchen, bis der Brand der etwa 75 mal 35 Meter großen Halle gelöscht sein wird.
Wie koordiniert man so viele hilfsbereite Hände? Als am anderen Morgen das Schlimmste überstanden und der Brand unter Kontrolle ist, hat ein übernächtigter Einsatzleiter Rainer Pook keine konkrete Antwort auf diese Frage: „In der ersten Stunde habe ich das meiste aus dem Bauch heraus gemacht“, sagt er. „Und dann haben wir uns alle paar Stunden zusammengesetzt und die nächsten Schritte geplant. Es hat wirklich gut ineinander gegriffen.“ Keiner seiner Kameraden hat in dieser Nacht ein Auge zubekommen, entsprechend erschöpft blinzeln die Feuerwehrleute in die ersten Sonnenstrahlen des Tages.