1880 bis 1917: Großfeuer in Höxter

Großbrände in Höxter hatte es reichlich gegeben. Die Lage der Stadt an der Weser und an einer der Haupthandelsstraßen ward der wirtschaftlichen Entwicklung der alten „Huxor“-Stadt zum Segen, sie gereichte ihr aber im 30jährigen Krieg oftmals zum Fluch. Von 1618, dem Jahre des Kriegsbeginnes an, bis zu seinem Ende wurde sie fast ununterbrochen von allen streitenden Bandenführern, Parteien und Völkern nacheinander erobert und gebrandschatzt. Dem entging auch die Abtei Corvey nicht. Auch der Siebenjährige Krieg ging an der Weserstadt nicht spurlos vorüber. Wie oft mögen Häuser der Stadt abgebrannt gewesen sein, wie viele menschliche Hilfe mag wohl geleistet worden sein im Kampf um diese Brände. Wenn im Jahre 1880 542 Wohnhäuser verzeichnet werden konnten, dann nicht ohne die bis dahin von mutigen Feuerwehrleuten geleistete Hilfe für Freunde und Nachbarn. Wie oft steht es zu lesen, dass ohne die Wehr Haus und Hof ein Raub der Flammen geworden wäre. „Den Anstrengungen der freiwilligen und der Städtischen Feuerwehr gelang es, das Feuer im Hause des Böttchermeisters H. A. Lülwes in der Holenbergstraße auf seinen Herd zu beschränken“ (1880). Beim Brand des Club-Hauses am 8. Juni 1880 heißt es: Die hiesige Freiwillige Feuerwehr war früh und pünktlich zur Stelle . . .“

Und sogar ein Lobgedicht erschien in der Zeitung:
„Es kommt gerasselt die Feuerwehr,
Um zu sehen, wo denn das Feuer wär‘.
Sie eilt, damit sie dem Feuer wehr‘,
Und dass nicht zu lange das Feuer währ‘.
Denn, wer löscht am schnellsten das Feuer, wer?
Hoch, dreimal hoch, nur die Feuerwehr!“

Bereits im Jahre 1898 setzte durch die Presse ein Feldzug gegen die Brandgefahr ein, indem man vor allem die Jugend über die Gefährlichkeit des Spielens mit Feuer und Licht aufklärte. Man forderte, dass auch in den Schulen des öfteren eindringlich darüber gesprochen wird, dass gar nicht genug gewarnt werden kann. Es wurde vorgeschlagen, in die Schullesebücher entsprechende Lesestücke einzuschalten. Im Jahre 1900 brannte der Dachstuhl des Kaiserlichen Postamtes nieder. Größerer Schaden wurde verhütet. Um so verheerender aber wurde der Kiliani-Brand im Jahre 1901, von dem am 11. Mai folgendes berichtet wird: „Diese Nacht um 2 1/4 Uhr traf der Blitz den höheren der beiden Kiliani-Türme. Einem glimmenden Sterne gleich, zeigte sich zunächst eine nur kleine Flamme. An der Spitze des Turmes, nahe dem Hahn, lugte sie zum Schiefer heraus. Küster Hartmann, wohnhaft im Gebäude der heutigen Buchhandlung Julius Henze, bemerkte als erster das Unglück. Er zog die Brandglocke und rief die Freiwillige Feuerwehr. Kurz nach 2 1/2 Uhr rief der metallene Mund der Feuerglocke die Bewohner zur Brandstätte. Die Feuerwehr war sofort zur Stelle. Auch die 4. Kompanie kam im Laufschritt angerückt, und so wurde der Zugang zur Brandstätte rechtzeitig abgesperrt.

Als nach ungefähr 1/2 Stunde die Spitze des Turmes, Kugel mit Hahn, herabstürzte, griff das Feuer rasch um sich. Der majestätisch in die Tiefe ragende, brennende Turm bot einen erhabenen, wenn auch schaurigen Anblick. In wenigen Stunden war der Turm niedergebrannt, und die Umfassungsmauern ragten jetzt traurig in die Höhe. Leider konnte das Feuer nicht auf seinen Herd beschränkt werden. Die herabfallende Kugel mit Hahn traf das Dach des Schmiedemeisters Louis Albers und in wenigen Augenblicken stand das ganze Gebäude in Flammen. Die vom Turm herabfallenden brennenden Balken hinderten das Löschen sehr, und so sind dann auch die Häuser des Stellmachermeisters Hornschuh und des Fabrikarbeiters Loos ein Raub der Flammen geworden. Dem tatkräftigen Eingreifen der Feuerwehr ist es zu danken, dass das Feuer nicht noch größere Dimensionen angenommen hat. Ehre den wachsamen Männern!“

Karl Freudenberg, der auf Empfehlung des damaligen Direktors der Baugewerkschule Höxter Nausch am 1. April 1897 seine Tätigkeit als Sachbearbeiter und Leiter in das neu geplante Amt für Bau- und Feuerlöschwesen vom Magistrat berufen worden war, berichtet: „Soeben hatte ich meine Tätigkeit aufgenommen und mein im Rathaus gelegenes Büro eingerichtet, als nahe dem Rathaus Feuer ausbrach, das sich zu einem Großfeuer ausbreitete und sechs Grundstücke (Hartmann, Kleffner, Dormann, Bernstein und Gottfr. Dormann) zerstörte. Die Freiwillige Feuerwehr, die Bürgerwehr und zuletzt Militär waren Tag und Nacht fast eine ganze Woche hindurch mit den Löscharbeiten beschäftigt. Das Rathaus, gut geschützt, hatte keinen Brandschaden erlitten. Nach kurzer Zeit erlebten wir in der Nähe des Rathauses gegenüber der Kilianikirche nochmals ein Feuer, wobei der vom Blitz gezündete Kirchturm brennend in ein Nachbarhaus stürzte und dann eine ganze Straßenfront in Schutt und Asche legte. Auch dieser Brand entwickelte sich zu einem Großfeuer, wie ein solches von den ältesten Leuten in der Stadt Höxter noch nicht gesehen war.

Und nochmals war das Rathaus in Gefahr: Das Postamt stand, vom Dachstock ausgehend, in hellen Flammen. Den Bemühungen der Freiwilligen Feuerwehr und der Postbeamtenschaft gelang es, das Feuer auf den Dachstock und den darunter liegenden Stock zu beschränken. Der erste Stock brannte jedoch vollständig aus, Erdgeschoß und erster Stock waren durch das Löschwasser stark in Mitleidenschaft gezogen, doch konnte der Postbetrieb bei größten Anstrengungen der Brandwachen aufrecht erhalten werden. Die Nachbarhäuser, Rathaus und Hotel Reichspost sowie die alte Posthalterei Müller waren in großer Gefahr, ohne jedoch größeren Schaden davonzutragen.“

Am 13. Juni 1901, einen Monat nach dem Brand der Höxteraner Kilianikirche, trifft ein greller Blitz die höchste Spitze des Lüchtringer Kirchturmes. Was als kleines Flämmchen begann, endete als Katastrophe. Die Dorffeuersspritze konnte den in 30 Metern Höhe gelegenen Brandherd nicht erreichen. Das Schicksal nahm seinen Lauf. Der Turm brannte lichterloh und stürzte auf das Kirchdach. Nur wenige Stunden dauerte es, bis Turm und Kirche auf ihre Grundmauern niedergebrannt waren. Großes Glück hatten die Bewohner der umliegenden Gebäude, die von den Feuerwehren Höxter und Holzminden geschützt werden konnten. Für gut zwei Jahre musste für die gläubige Gemeinde eine Notkirche eingerichtet werden.

Um in Zukunft größere Brände zu verhüten und Feuer möglichst beim Ausbruch im Keime zu ersticken, beschloss der Magistrat eine aus 20 Baufachleuten bestehende bezahlte Mannschaft neben der Freiwilligen Feuerwehr am Brandherd sofort einzusetzen und diese bis zur restlosen Beseitigung aller Gefahren auf der Brandstelle zu belassen. Äußerlich war die Freiwillige Feuerwehr an dem blauen Rock und dem Messinghelm, die vom Magistrat aufgestellte Bauhandwerkermannschaft an dem braunen Rock und dem Lederhelm zu erkennen. Da die „Braunen“ der Freiwilligen Feuerwehr nicht gerade sympathisch waren, kam es sehr bald zu Reibereien und Streitigkeiten, so dass der Magistrat diesen unerwünschten Zustand nicht dulden konnte, weil ein einheitliches Arbeiten auf der Brandstelle nicht zu ermöglichen war. Wie bereits erwähnt, wurde diesem Zustand durch das Zusammenarbeiten von Friedrich Freise und Karl Freudenberg bald ein Ende gesetzt.

Oft wurde die Wehr öffentlich belobt. So anlässlich des erfolgreichen Eingreifens bei einem Brand bei dem Arbeiter Jos. Ahrens (Obere Mauerstraße) im September 1902 und dem Bäckermeister Krekeler (Knochenbachstraße) im November des gleichen Jahres: „Die Feuerwehr, welche gerade von einer Übung zurückkehrte, konnte direkt an den Schauplatz ihrer Tätigkeit eilen. Ihrem tatkräftigen Eingreifen ist es zu danken, dass das Feuer auf seinen Herd beschränkt blieb. Nur der Dachstuhl brannte nieder.“ Während aus den Jahren 1906/07 keine wesentlichen Brände gemeldet wurden, wird am 25. Oktober 1907 das Hotel und Restaurant „WiIhelmshohe“ am Waldrand des Ziegenbergs ein Raub der Flammen. „Infolge Wassermangels konnte die Freiwillige Feuerwehr sich nur auf das Einreifen der in Flammen stehenden älteren Restaurationsräume beschränken.“ 1912 baute man das Restaurant wieder auf. 1968 brannte das Ausflugslokal erneut ab, es wurde danach jedoch nicht wieder aufgebaut.

Von Jahr zu Jahr nahm die Zahl der Brände zu. Ein Großfeuer bei der Firma Oppermann erschütterte am 1. August 1908 die Stadt. Auch zahlreiche Waldbrände wurden gemeldet. Im November 1909 steht zu lesen: „Die Brände in unserer Stadt mehren sich. Zum dritten Male innerhalb von acht Tagen musste unsere Freiwillige Feuerwehr in Aktion treten.“ Zwei Jahre später, im April 1911, wurde die in der Corveyer Allee gelegene Fassdauben Fabrik ein Raub der Flammen. Am 14. November 1917 meldete die Stadt- und Dorfzeitung: „Dem Wüten eines verheerenden Großfeuers ist gestern die Domäne Corvey zum Opfer gefallen . . . Als erste Hilfe erschien nach ganz kurzer Zeit auf der Brandstätte eine Abteilung des Höxterschen Ersatz-Batls. 130, welches im Verein mit den dann eintreffenden Feuerwehren aus Höxter, Lüchtringen und Boffzen tatkräftig und umsichtig eingriff. Dieser schnellen und nicht dankbar genug anzuerkennenden Hilfe ist es zuzuschreiben, dass man gegen 10 Uhr des Feuers Herr wurde . . .“

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